Erster Teil heute abend im ZDF. Oder ab morgen online in der ZDF-Mediathek.
Wie der Roman lässt der Film Dokumentarisches und Fiktives verschmelzen. Regisseur Matthias Glasner schafft in dem Zweiteiler ein ergreifendes Abbild einer Zeit, in der unzählige Menschen ihrer Würde beraubt wurden. Heide Schwochow adaptierte Krechels preisgekrönten politischen Roman zu einem mitreißenden Drehbuch über eine Familie, die dem Trauma ihrer Trennung nicht entkommen kann.
„Die furchtbaren Ereignisse der deutschen Geschichte deformieren die Kornitzers bis tief hinein in ihr Seelenleben. Bis sie selbst keine Antworten mehr finden auf die Herausforderungen ihrer Zeit. Es hat mich tief berührt, dass hier keine Helden, aber auch keine Opfer erzählt werden.“
Matthias Glasner, Regisseur
Der Zweiteiler „Landgericht“ erzählt die Geschichte der Familie Kornitzer während des Deutschen Reichs und schildert zugleich die Gründungsjahre einer Republik, in denen sich Opfer, Täter und Mitläufer auf der schmerzhaften Suche nach Gerechtigkeit und Wiedergutmachung auseinandersetzen müssen. Vorlage für den Film ist der gleichnamige Roman von Ursula Krechel, der auf einer realen Vorlage basiert.
Die Geschichte beginnt 1938 in Berlin. Eine Familie befindet sich auf dem Weg zum Bahnhof. Es ist keine gewöhnliche Reise, die sie antreten. Claire und Richard Kornitzer bringen ihre beiden Kinder Georg (8) und Selma (5) zu einem Kindertransport. Eine Hilfsorganisation der Quäker bringt sie zusammen mit vielen anderen jüdischen Kindern nach England, um dem Holocaust zu entkommen. Das Trauma dieser schmerzlichen Trennung schleicht sich leise und mit beklemmender Selbstverständlichkeit in das Leben der Familie ein.
Die Familie Kornitzer steht dabei für sehr viele Familien, denen es ebenso erging. Vorlage für den Film ist das Leben von Robert Michaelis, eines jüdischen Richters, und seiner Familie. Robert Michaelis‘ Geschichte wird durch die Figur des Richard Kornitzer nacherzählt. Seine Frau, die nicht jüdisch ist, heißt im Film Claire. Michaelis‘ Tochter, die heute den Namen Ruth Barnett trägt, lebt in England und ist die Vorlage für Selma, die Tochter der Kornitzers.
In dem Film hat Richard Kornitzer seinen Posten am Landgericht verloren. Er erhält ein Visum für Kuba. Die Gestapo nimmt Claire ihre letzten Wertgegenstände und damit die Chance, ein Visum für sich zu bezahlen. Sie muss sich alleine durchbeißen, lässt sich aber auch nicht von ihrem jüdischen Mann scheiden. Dies wird ihr zum gesellschaftlichen Verhängnis. Sie findet auf einem schwäbischen Bauernhof Zuflucht, während sich Richard in Kuba eine neue Existenz aufbaut.
Die Kinder durchleben in England schwere Zeiten. Nachdem sie von der herrschsüchtigen Pflegemutter Mary weglaufen, müssen sie in erbärmlichen Zuständen in einem notdürftig eingerichteten Kinderheim leben. Sie verlieren den Kontakt zu den Eltern. Wie ein Licht am Ende des Tunnels erscheint die warmherzige Mrs. Hales, die beide Kinder zu sich nimmt.
Kuba, 1947: Viele Jahre sind vergangen, der Briefverkehr zwischen Kuba und Deutschland ist längst abgerissen. Die Familie lebt dauerhaft in Trennung, neue Menschen sind in das Leben der Eltern und Kinder getreten. Claire setzt jedoch nach Kriegsende alles in ihrer Macht stehende daran, eine Zusammenführung zu bewirken. Und endlich: Sie findet Richard. Der erste Brief von Claire seit 10 Jahren erreicht ihn. Jetzt muss er sich entscheiden. Sein neues Leben gegen das alte wieder eintauschen? Claire findet auch ihre Kinder endlich wieder – muss aber feststellen, dass die sich ihren leiblichen Eltern entfremdet haben und ihr Leben in England nicht aufgeben wollen.
Endlich zahlt sich Richards Beharrlichkeit aus: Er übernimmt in Mainz einen spektakulären Prozess und ist voller Zuversicht, im Sinne der NS-Opfer urteilen zu können. Doch endet er schließlich zwischen den Fronten der Opfer und der ehemaligen Täter des NS-Regimes. Er scheitert daran, seine moralisch hohen Ansprüche mit der Realität der Rechtsprechung in Einklang zu bringen. Er verbeißt sich in den kommenden Jahren in einen kleinteiligen Kampf um seine Rehabilitation und macht sich viele Feinde.
Ähnlich erging es Robert Michaelis, der die reale Vorlage für die fiktive Figur Richard ist – und vielen weiteren Menschen, die auch nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr ihren Frieden finden konnten.
Jan 31, 2017 @ 13:10:16
Bin der Meinung das die Berieselung mit unserer Vergangenheit überhand nimmt. Unsere Jugend kann mit diesen Themen sowieso nichts mehr anfangen.
Ich kenne kein Land wo eine solch intensive Vergangenheitsbewältigung stattfindet wie bei uns.
Wie lange müssen wir eigentlich ein schlechtes Gewissen haben?
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Jan 31, 2017 @ 13:27:42
Ich denke, es geht nicht darum ein schlechtes Gewissen zu haben. Das haben eh immer die, die es nicht nötig haben.
Es geht eher darum, zu verstehen, zu sehen, was alles passiert ist.
Und dafür braucht es die Wiederholungen, schau dir an, wie stark die rechte Szene ist. Diese Leute haben nichts kapiert.
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