Freiheit…

Als gestern mein Vater hier war bemerkte ich, dass in mir ein Gefühl der Freiheit zu spüren war.

Keine Spuren mehr von Groll, Gram, Wut, Traurigkeit, nur ein ganz ganz tiefes Gefühl von Mitgefühl für diesen alten kranken gebrechlichen Mann.

Er wirkte hilflos, nichts, rein gar nichts erinnerte an den ewig werkelnden tobenden Despoten von einst.

Früher, als ich gaaaanz jung war, habe ich beschlossen, dass es Dinge gibt, die ich nicht verzeihen kann und WILL. Damit hatte ich meinen Frieden gemacht.

Allmählich merkte ich, dass ich mehr und mehr ohne meine Zutun all den Tätern und Co-Tätern vergeben habe. Es passierte einfach, aus dem Herzen heraus.

Zurück blieben latente Gefühle von Angst, Groll, Gram, nicht sehr mächtig, aber belastend, wenn ich mit irgendeinem Täter von mir konfrontiert wurde.

Das ist jetzt wohl auch verschwunden, es fühlt sich innerlich frei an. Und da ist nur Platz für Mitgefühl. Mein Vater ist über 90, sehr krank, sehr gebrechlich, und auf Hilfe angewiesen. Geistig ist er voll auf der Höhe.

Noch vor einigen Jahren hat er gewerkelt was das Zeug hält. Meine Mutter war damals schon so beeinträchtigt durch viele Stürze, dass sie die Wohnung nicht mehr verlassen konnte, sie schaute viel TV und widmete sich ihrer Filet-Häkelei. Mein Vater hat es gehasst, wenn jemand „nichts tat“ und vor der Glotze hing. Damals hat er sehr oft einfach die Sicherung des Fernsehers rausgedreht, um meine Mutter zu ärgern und seine Verachtung für ihr Verhalten kundzutun.

Heute kann er selbst nichts anderes mehr tun als fernsehen. Gestern bat er mich ihm übers Internet ein paar alte Filme zu bestellen. Roy Black, Georg Thomalla, John Wayne hatte er auf seinem Wunschzettel, habe ich gemacht und heute kamen sie schon bei ihm an.

Für mich war es gut, zu fühlen, dass keine alten Gefühle mehr aufkommen.

 

35 Kommentare (+deinen hinzufügen?)

  1. etoilefilante22
    Aug 24, 2017 @ 12:02:09

    Wenn verzeihen „passiert“ ist das ein wunderbares geschenk. Ich nehme an, du kennst ho’oponopono, dort geht es darum, dieses geschehen zu ermöglichen.

    bisous, l’é-f

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    • Ilanah
      Aug 24, 2017 @ 12:05:01

      Ja, kenne ich sehr gut.
      Für mich war es erstaunlich, dass es einfach so passieren kann. Ich hatte ja beschlossen, bestimmte Dinge nicht zu verzeihen. Aber es fühlte sich gut und richtig an, dass es passierte.

      Aus der TCM weiß ich, dass Verzeihen wichtig ist, um Heilung herbeizuführen, wobei die TCM-Ärzte auch sagen, dass es gar nicht so wichtig ist, den anderen zu verzeihen, wichtiger für Heilung jeglicher Art sei es, sich selbst zu verzeihen, was ungleich schwieriger ist, finde ich.

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  2. freiedenkerin
    Aug 24, 2017 @ 12:06:44

    Ich fühle seit der Entdeckung meiner Krankheit große Erleichterung darüber, dass ich die Kontakte zu den Menschen in meiner Heimat definitiv abgebrochen habe. Ich bin mir sehr sicher, dass diese Leut‘ derzeit nicht sehr hilfreich für mich wären. Hass oder Wut oder Verbitterung oder Schmerz verspüre ich auch nicht mehr. Sie verdienen einander, und ich passe mit Sicherheit nicht in ihre Welt. 😉

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    • Ilanah
      Aug 25, 2017 @ 12:39:59

      Das kann ich gut verstehen. Für mich fühlt es sich auch gut an, dass ich seit ich 16 bin keinen Kontakt mehr zu meiner Verwandtschaft habe, ich vermisse sie nicht….ganz im Gegenteil.
      Guter Satz von dir „sie verdienen einander“. Das ist wirklich so!!!

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  3. romantickercarolinecasparautorenblog
    Aug 24, 2017 @ 12:36:48

    Ich kann wesentlicher leichter verzeihen, was jemand mir angetan hat, als Taten, die sich gegen meine Liebsten richten/gerichtet haben.
    Richtig schwierig wird es, wenn man sich mit einer vergangenen Sache versöhnt hat und dann wieder eine neue Bosheit/Gemeinheit hinzukommt.

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  4. kowkla123
    Aug 24, 2017 @ 13:49:50

    es tut doch gut, oder?
    lass es dir gut gehen, Klaus

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  5. ellilyrik
    Aug 24, 2017 @ 16:36:19

    Liebe Lilly,
    ich finde das klasse, dass Du vergeben konntest.
    Es ist wie eine Befreiung und man fühlt sich….ich kann das gar nicht in Worte
    fassen…! Jedenfalls freue ich mich mit Dir.
    Eine liebe Umarmung, herzlichst Elke

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  6. Smamap
    Aug 24, 2017 @ 16:50:40

    Sowas hört sich sehr gut an. Mich erinnert das, an meinen Ex-Schwiegervater, zu dem ich ab einem gewissen Zeitpunkt keinen Kontakt mehr hatte, und der mittlerweile gestorben ist. Auch er war einer, der Kräfte für zwei hatte, immer nur werkeln musste, nicht stillsitzen konnte, und Nichtstun nicht gut heißen konnte. Gleichzeitig hat er seine gesamte Umgebung bis zu einem gewissen Grad tyrranisiert. Irgendwann kam dann auch für ihn die Zeit, ab der er nicht mehr konnte, und auf jene angewiesen war, die für ihn zuvor nur am Rande existierten.
    Ev wurde das dann auch so, wie du es beschrieben hast.

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    • Ilanah
      Aug 25, 2017 @ 12:43:57

      Ich glaube, dass es gerade für so einen Typ Mensch besonders schwer ist, wenn sie hilflos werden.
      Obwohl ich mir bei meinem Vater vorstellen könnte, dass bei IHM ja alles anders ist als bei anderen 😉

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  7. mosi
    Aug 24, 2017 @ 17:48:52

    Wow… das „kann“ nicht jeder und freut mich sehr für Dich… ☺

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  8. Reiner
    Aug 24, 2017 @ 18:04:08

    Solch Wandel kenne ich, auch den dazu passenden „Restzustand“ im eigenen Gefühlsleben. Die Angst vor dem Dompteur ist verschwunden, aus den Insektentrainern von damals sind Schutzbedürftige geworden.

    Der Clown ist tot und zu trinken gibt es auch schon lange nichts mehr. Geblieben ist eine tief sitzende Mischung aus Einsamkeit und Trauer, die nicht weichen will, allen schönen Fügungen zum Trotze.

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    • Ilanah
      Aug 25, 2017 @ 12:47:31

      Es sind leider nicht wenige, die solche Typen kennen und erlebt haben.

      Es ist wohl eher der „Dämon, der Despot“ in uns, der alles aufrecht hält, auch wenn die Kräft des echten „Dämons“ längst geschwunden sind. Ich denke, dazu gehören auch die Überreste wie Einsamkeit und Trauer, oder was meinst du?

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      • Reiner
        Aug 25, 2017 @ 13:29:07

        Residuum … das ist es wohl. Werde ich wohl zeitlebens nicht mehr wirklich los. Wenn diese Gefühle und manchmal auch Dämonen schon zu mir gehören, versuche ich ihnen mit Freundlichkeit zu begegnen…

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        • Ilanah
          Aug 25, 2017 @ 14:47:42

          Ja, schaut so aus.
          Ich denke, du machst es richtig, ihnen mit Freundlichkeit zu begegnen, sie anzunehmen ist der beste Weg, sie zu fernzuhalten, denn sie mögen es nicht, wenn sie merken, dass sie ihre Macht verlieren.

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  9. TeggyTiggs
    Aug 24, 2017 @ 19:17:00

    …ich kenne auch solches Verzeihen, das von selber kommt, wenn man sehen kann, dass einstige Täter nun körperlich zerrüttet sind, vielleicht auch geistig…ich werde dann ungewollt auch sehr milde…schön, dass es so ist, gehen wir doch alle den gleichen Weg…

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    • Ilanah
      Aug 25, 2017 @ 12:49:17

      Ich könnte mir vorstellen, dass es zustande kommt durch eine Mischung der Arbeit an einem selbst, dem Verstehen des „Despoten“ und dem Erleben, wie derjenige gebrechlich wird. Man versteht, dass dieser Mensch einem nichts mehr tun kann und dass das, was in uns aktiv ist, der verinnerliche „Despot“ ist und nicht mehr der Tatsächliche.

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      • TeggyTiggs
        Aug 25, 2017 @ 13:44:35

        …es ist auch das Verstehen der Not des Anderen, also bei mir kann ich es sagen, die Einsicht darin, dass mein Vater als Kindersoldat so ein schreckliches Leben hatte, das ich mir gar nicht vorstellen kann und mag…das wusste ich als Kind und Opfer natürlich nicht…später kommt dann das Alter und die Unausweichlichkeit hinzu…

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        • Ilanah
          Aug 25, 2017 @ 14:51:16

          Ja, dieses Verstehen kann sehr hilfreich sein.
          Man darf nur nicht vor lauter Mitgefühl und Verständnis für die Lage des anderen, sein eigenes Leid vergessen. Das passiert sehr schnell. Bei mir selbst auch. Ich war wie paralysiert als ich mir das Leid meiner Eltern und der anderen anschaute, dass ich ein eigenes nicht mehr als „so schlimm“ empfand.

          PS: hast ne Mail von mir.

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  10. BrigitteE Bremen
    Aug 24, 2017 @ 23:21:20

    Das freut mich ehrlich, Ilanah.
    LG Brigitte

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  11. zimmermannmon
    Aug 25, 2017 @ 00:05:02

    Wunderbar, daß du das geschafft hast, freut mich sehr für dich!!!
    Liebe Grüße
    Monika.

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    • Ilanah
      Aug 25, 2017 @ 12:50:55

      Danke, liebe Monika. Es war ein langer und nicht so einfacher Weg dorthin zu kommen. Und es fühlt sich einfach gut an. Zeigt es mir doch, dass ich nicht falsch gelegen habe mit der Arbeit an mir selbst in den letzten Jahren.

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  12. Gedankenkruemel
    Aug 25, 2017 @ 13:05:54

    Das freut mich für dich.♥

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  13. mannifred
    Aug 28, 2017 @ 18:12:08

    Du hast ja genug erlebt mit Deinem Vater, aber auch an ihm geht das Alter nicht spurlos vorbei. Er sucht wahrscheinlich etwas Halt, vielleicht gibst Du ihm das.

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